Wie weit geht das Recht auf Vergessenwerden? Diese Frage wird aktuell vor dem Bundesgerichtshof verhandelt. Fest steht: Das Recht, Daten zur eigenen Person aus dem Netz löschen zu lassen, ist Teil der europäischen DSGVO. Uneingeschränkt gilt es aber nicht.
Die Frage, inwieweit Bürger verlangen können, Daten zu ihrer Person aus dem Internet löschen zu lassen, beschäftigt schon seit Jahren immer wieder Menschen, die mit den Informationen, die zu ihrer Person im Netz auffindbar sind, nicht einverstanden sind. Seit 2018 gilt in der gesamten EU die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Diese schreibt ein sogenanntes Recht auf Vergessenwerden vor, hier finden sich weitere Details. Doch wie weit geht dieses Recht?
Am BGH laufen aktuell zwei Fälle, die diese Frage klären sollen. In beiden Fällen könnte es sinnvoll sein, den EuGH anzurufen, damit er die EU-Rechtslage letztinstanzlich einordnet.
Beide derzeit verhandelten Fälle betreffen Personen, die bestimmte Informationen über sich aus dem Netz entfernt haben möchten, zumindest aber sollen sie nicht mehr bei einer Google-Suche auftauchen können. Tatsächlich ist der Wunsch, bestimmte Einträge aus Googles Index löschen zu lassen, der am häufigsten genutzte Ansatz, sein Recht auf Vergessenwerden auszuüben.
Persönliche Benachteiligung in Abwägung mit dem öffentlichen Interesse
In einem der beiden Fälle versucht der ehemalige Chef eines regionalen Wohlfahrtsverbandes Beiträge aus der Google-Suche zu streichen, die ein schlechtes Licht auf seine Person werfen. Diese liegen jedoch weit zurück, erstmals wurde bereits 2011 über die Vorgänge berichtet. Der BGH muss hier das öffentliche Interesse dieses Falls gegen das Recht auf Vergessenwerden des Betroffenen abwägen. In diesem Zusammenhang hebt der vorsitzende Richter Stephan Seiters hervor, dass das Recht auf Vergessenwerden nicht uneingeschränkt gelte.
Während der Sachverhalt in diesem Fall unstrittig und lediglich die vergangene Zeit von Bedeutung für die Urteilsfindung ist, steht in einem anderen Fall eine unbewiesene Tatsachenbehauptung im Kern der Klage. Ein Paar möchte Berichte und Fotos über sich löschen lassen, die laut eigener Angaben falsche Behauptungen über sie enthalten. In den Vorinstanzen waren die Kläger unter anderem an einer Argumentation des OLG Köln gescheitert, die das Paar in der Beweispflicht sah. Erst bei der Verbreitung nachgewiesenermaßen unrichtiger Tatsachen wäre Google zur Löschung von Suchergebnissen verpflichtet.
Der bekannte IT-Rechtsexperte Christian Solmecke erklärte gegenüber dem Handelsblatt, beide Fälle seien von großer Bedeutung für das hohe Rechtsgut des Rechts auf Vergessenwerden. Eine Einschätzung des EuGH wäre daher sinnvoll. Die Urteilsfindung in Karlsruhe wird wohl noch einige Wochen auf sich warten lassen.